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Wir leben in Zeiten der Spalte

„Wir leben in Zeiten der Spalte“ sagt Nicoleta Craita Ten'o und formt damit das Motto der diesjährigen Literaturtage unseres geschätzten Geest – Verlages.
Ganz herzlichen Dank für die Einladung

Lebten wir Menschen nicht immer schon so, liebe Nicoleta? Spalteten wir nicht immer
das Leben in Wahrheiten und Lügen?
Ist es menschlich zu spalten? Zu werten in gut und böse, in reich und arm?
Wir zwei, Wiebke und ich haben uns auf die Suche begeben:

„Gespaltene Zungen“
Wahrheit oder Lüge

ist unser Thema


Donald Trump tut es, Putin tut es, Mutter Angela tut es, der Papst tut es, die Nachbarin tut es, Sie tun es, Wiebke und ich tun es, jeden Tag … oder zumindest
ganz oft:

Wir suchen und finden sie, biegen sie uns zurecht und verteilen sie möglichst überzeugend in der Welt, innerlich von ihr fest überzeugt:
die Wahrheit.
die Wahrheit schlechthin, unsere persönliche, die, die wir hören und glauben wollen und die, die wir nicht hinterfragen.
Wir spalten sie in brauchbare und unbrauchbare Teile, entwickeln sie solange weiter, bis wir die kluge Frage:
Was ist Wahrheit???
vegessen.
Wir, Wiebke und ich, fanden eine Fülle von Antworten:
philosophische, theologische, schlichte, unverständliche, weise, kluge, unkluge,
und, und…
drei davon möchten wir Ihnen/Euch vorstellen.
Urteilen Sie dann selbst, ob Sie noch weiter urteilen, also spalten möchten.

Wir bedienen uns der alten literarischen Form des Märchens. Ist sie doch genau so alt, wie die Suche nach der Wahrheit selbst.




Auf der Suche nach der Wahrheit des Lebens

Es war einmal ein ganz normales Huhn, es lebte mit seinen Genossinnen und einem wunderschönen bunten Gockel in einem Hühnerhof auf dem Lande vor der Stadt. Und als es eines morgens wieder so weit war und das Huhn einen heftigen Drang verspührte, zog es sich in die hintere Ecke des Stalles zurück, gluckste lange nachdenklich vor sich hin und dachte über das Wunder des Gebärens nach. Als nun ein herrlich ebenmäßiges hellbraunes Ei das Licht der Welt erblicken wollte, wurde es mit lautem Gegacker begrüßt. In all dem Trubel bemerkte jedoch niemand, wie sich am hintersten Ende des Huhns, dem Teil von dem man niemals spricht, sanft eine kleine Flaumfeder löste und in der lauen Sommerluft davonschwebte. Das war nun wirklich eigentlich nichts Ungewöhnliches. Wenn man genau hinschaute, hatten sich viele von diesen kleinen, weichen, weißen Puscheln am Drahtzaun verhakt oder klebten auf dem feuchten Matschboden.
Dieses Flaumfederchen jedoch schien ein ganz besonderes zu sein. Es leuchtete hell und rein im Sommersonnenlicht und tanzte selig vor sich hin. Und wer ganz genau hinhörte, vernahm sein winziges Stimmchen, das immer wieder rief :
Was ist der Sinn des Lebens? Was ist die Wahrheit? Was ist die Wahrheit über den Sinn meines Lebens? Wahrheit? Meine Wahrheit?....
und immer so fort.Und wie es so vor sich hintaumelte, sah es von Weitem eine merkwürdige Gestalt herankommen. Ein riesiger zerlumpter Mensch drohte mit einem Stock, schrie und schimpfte fürchterlich.Unflätige Worte quollen unaufhörlich aus seinem fast zahnlosen Maul und als er näherkam, hörte man ihn unaufhörlich brüllen :Ich bin der Zorn,ich hasse alles,ich bin der wütende, alles verschlingende Zorn. Und das ist die Wahrheit.
Erschrocken machte das Flaumfederchen einen Satz zur Seite und stolperte dabei über den nackten, staubigen Zeh des Riesen. Der spürte das Kitzeln an seinem Fuß. Seine Mundwinkel zuckten nach oben, die Zahnlücken grinsten hohl und aus seinem Bauch blubberte ein tiefes, dröhnendes Lachen. Er eilte davon, ohne daß das Federchen ihn näher nach seiner Wahrheit befragen konnte.
So taumelte es weiter und weiter und träumte dabei von seinen vielen Fragen und keinen Antworten.
Da schwebte ihm eine riesige, dicke, grau-schwarze Wolke entgegen, schwer beladen mit unendlich vielen Tränen. Das Gesicht war schmerzverzerrt von der Last der Trauer. Die Wolke schluchzte und schluchzte und schien allen Schmerz der Welt zu vereinen, Niemals könne sie aufhören,stöhnte sie. Das sei die Wahrheit, die ungeschminkte grausame Wahrheit.
Da schwankte das Flaumfederchen hin und her vor lauter Mitgefühl und streichelte dabei wie zufällig die aufgedunsenen Backen und es lösten sich einige Schmerztropfen, wurden zu einem Rinnsal, zu einem Bach, zu einem Strom und wuschen alles Leid fort. Als die Wolke erleichtert weiter schweben wollte, rief das Federchen eilig :Sag mir, was ist die Wahrheit?
Die Wolke lächelte weise, schloß die Augen und segelte einfach in den Himmel davon.
Ratlos grübelte das Flaumferderchen weiter, um eine Antwort zu finden. Irgendwie schien sein Leben davon abzuhängen, die Wahrheit zu finden. Jedoch schien niemand die Lösung zu kennen. Oder wollte sie einfach niemand verraten?
Müde sank das Flaumfederchen zu Boden. Sein Glanz war fahl geworden und die feinen Härchen waren voller Staub.
Und wie es so fiel und fiel landete es sanft im breiten Schoß einer alten weisen Frau. Im Halbschlaf flüsterte das Federchen noch : Kennst du die Wahrheit des Lebens? Warum bin ich auf dieser Welt? Was habe ich hier zu tun?.....Sag sie mir bitte, die Wahrheit...
Da bemerkte es um sich herum viele kleine,weiße Flaumfederchen. Sie kicherten und lachten, drückten und streichelten sich und die Alte nähte und nähte und nähte an dem großen, roten, weichen Kissenbezug, in dem sie alle verschwanden und keine Antworten auf keine Fragen brauchten.


Auf der Suche nach der letzten Wahrheit – der Tod


Es wohnte einmal auf einem hohen Berg ,in einem hohlen uralten Baum eine große, schöne Vogelfrau. Sie trug ein rabenschwarzes Gefieder, das in der Sonne glänzte, wenn sie sich putzte. Ihr Leben lang hatte sie gesungen, gezwitschert und manchmal auch zornig mit dem Schnabel geklappert,wenn ihr etwas nicht gefiel. Den anderen Vögeln half sie gelegentlich, wenn diese traurig oder krank waren. Oft hatte sie sogar einen klugen Rat für den einen oder anderen, der gerade vorbeikam, um sich bei ihr von den Mühen des Tages auszuruhen.

An einem grauen Regenmorgen jedoch konnte sie nicht so recht in Gang kommen und merkte auf einmal, daß sie alt geworden war. Das Gefieder glänzte nur noch schwach, auch wenn die Sonne besonders freundlich schien, die Flügel taten ihr weh und die Flugwege wurden ihr lang. Im Bauch gab es seit einiger Zeit so ein Stechen und Ziehen. Seit Wochen wollte und wollte das nicht aufhören.

Ratlos sahen sich die anderen Vögel an, schnatterten aufgeregt durcheinander, tauschten Ideen aus, trippelten mit den Füßen um dann doch ganz leise zu werden, weil niemand so recht einen Rat wußte, wie man der so verehrten Vogelfrau helfen könnte, damit sie wieder gesund und froh werden konnte.

Da erhob sich langsam und majestätisch der alte Schwan. Er wußte, was es bedeutet, alt und krank zu sein, hatte er doch auch schon viele Jahre gelebt und Erkundungen und Reisen auf dem großen See im Norden gemacht und dabei eine Menge Erfahrungen gesammelt. Bedächtig begann er zu sprechen. Er hatte gehört, von einem, der es wissen mußte, daß nur der Duft der zarten blauen Blume,die im Land Nirgendwo wächst, der alten Vogelfrau helfen kann.

Nun schnatterten wieder alle ganz aufgeregt durcheinander. Wo war Nirgendwo?Wie kam man da hin? Welche Gefahren lauerten auf dem Weg? Wer sollte das alles auf sich nehmen? Und so weiter und so weiter.........

Schließlich einigte man sich. Alle wollten etwas tun. Jeder wollte helfen. Und so machten sie sich auf in alle Himmelsrichtungen, um die zarte blaue Blume zu suchen.
Die Enten suchten die Seen ab. Leise plätscherten sie durch den Sonnenschein, schauten hier hinter die Uferböschung und steckten dort den Hals unter Wasser und das Schwänzchen in die Höhe.

Die Spatzen wirbelten schwatzend durch die Luft und schauten alles genau von oben an. Sie überflogen die Berge und Täler und sausten im Übermut über jede Wiese, um die zarte blaue Blume zu entdecken

Die Schwälbchen durchsuchten jedes Mauerwerk und jeden Felsvorsprung. Nichts war ihnen zu hoch oder zu felsig. Selbst dort, wo gar keine Pflanzen mehr wuchsen, schauten sie unermüdlich in jede Felsspalte.

Die Spechte klopften jeden Baum ab, den sie im Wald finden konnten und drehten fast jeden Stein um. Das grüne Moos machte ihnen Mühe,darin versteckten sich viele kleine Pflanzen, aber keine davon war zart und blau und duftete auf eine ganz besondere Art.

So suchten alle Vögel Stunde um Stunde,Tage um Tage,Wochen um Wochen.Sie wurden immer erschöpfter und erschöpfter und dann kam auch noch ein starker Wind auf und fegte ihnen ins Gefieder , der Himmel bezog sich, dicke Wolken hingen tief am Himmel, Donner grollte, es stürmte und Hagelkörner zerschlugen fast die kleinen Körper. Ein unbeschreibliches Unwetter brach los und ließ sie alle Zuflucht suchen in einem alten Baum.
Es war furchtbar. Sie krallten sich an den Zweigen fest und waren doch froh, daß sie alle hier wieder zusammengefunden hatten, um Schutz zu finden.

Dann wurde es still. Der Donner grollte noch leise in der Ferne, der Regen rauschte nur noch ganz sacht.

Die Vögel plusterten sich auf, schüttelten sich und tschilpten leise vor sich hin. Sie waren sehr zufrieden,daß sie dieses Unwetter alle heile überstanden hatten und schauten sich erleichtert an. Sie begannen zu fragen,wer denn nun die zarte blaue Blume mit dem Duft gefunden habe. Alle waren ganz erwartungsvoll, zirpten aufmunternd, der Erfolgreiche solle nun nicht länger warten und sich zu erkennen geben, damit man ihn gebührend belohnen könne.

Aber sie schauten und fragten und schauten und fragten,..........niemand hatte die zarte blaue Blume mit dem Duft gefunden.
Es half nichts, sie mußten einsehen,daß ihre Mission gescheitert war.
Sie weinten und stöhnten, waren ganz unglücklich,schluchzten und schimpften zornig...... und trösteten sich doch auch ein wenig gegenseitig ......

.........bedrückt flogen sie ganz leise zu der alten Vogelfrau, die einsam auf ihrem Felsvorsprung hockte. Schwach plusterte sie sich etwas auf, als sie ihre Freunde kommen sah, die sie so sehr vermißt hatte.

Alle umringten sie, drückten sich an sie und wärmten sie mit ihren Federn und kleinen Körpern. Erst erzählten sie noch stockend und schuldbewußt von ihren vergeblichen Bemühungen, dann aber wurden sie lebendiger, kuschelten sich aneinander, schnäbelten und pickten sich zärtlich und liebevoll am Schwänzchen und alle fühlten sich auf einmal ganz beglückt und geborgen miteinander.


Und die alte Vogelfrau saß mittendrin. Sie schloß die Augen und nach einer langen Weile begann sie zu träumen. Sie schwang sich geradewegs hoch in die Lüfte, die Schmerzen wurden ein wenig geringer und ihr Gefieder schimmerte heller und schöner, je näher sie der Sonne kam. Ihr wurde ganz warm in Mitten ihrer gefiederten Freunde und sie sang ein wunderschönes Lied und ihre Stimme flog weit in die Ferne in den Himmel hinauf und alle Vogelstimmen fielen ein und sangen und tönten und schnäbelten und jubelten:

Alle Vögel sind schon da,alle Vögel alle,
welch ein Singen,Musiziern,
Pfeifen,Zwitschern,Tiriliern,
Frühling will nun einmarschiern
kommt mit Sang und Schalle


und wenn wir denn schon sterben müssen, dann gefälligst in unseren schnuckeligen Phantasien in unseren Wolkenkukuksheimen.
Gute Nacht, liebe Zuhörer, schlaft weiter, bis ihr hineinstürzt in eure zurechtgezimmerten Wahrheiten.
Die einzige Wahrheit die es gibt ist, dass wir alle sterben müssen.
Auch, wenn im Silicon Valey erwas anderes behauptet wird.
Bis jetzt hat es noch niemand geschafft, in dieser Welt zu bleiben.


Und doch haben wir, Wiebke und ich, eine gnädige Version von Wahrheit ohne Spaltung gefunden.

Gerne teilen wir sie mit Euch:


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kung sölis
omni kaff sesis
sösil et mimo
hmpf
waffs